Bonte Heuwel

Kapstadts Townships heißen Langa, Guguletu, Khayelitsha, Joe Slowo, Heideveld und Bonte Heuwel. Hier lebt gut die Hälfte von Kapstadts gut 3 Millionen Einwohnern. Mit Mark van Reenen, den wir in Kapstadt kennenlernen, besuchen wir einige Townships. In Bonte Heuwel treffen wir dabei eher zufällig Susan Wessels. Susan ist 69 Jahre alt und lebt zusammen mit ihren drei Enkeln und einem Urenkel in einer knapp 35 m² grossen Wohnung. Bonte Heuwel war zu Apartheidszeiten ein „Coloured Township“ und auch heute leben hier nach wie vor überwiegend „farbige“ Menschen.

Susan erzählt uns, wie sie vor 51 Jahren hierher gekommen ist und sich damals dem aberwitzigen Rassetest der Behörden unterziehen musste. Als jemand, dessen Hautfarbe nicht eindeutig als farbig oder schwarz identifiziert werden konnte, musste sie sich einem Bleistifttest unterziehen. Sie berichtet von ihrer Angst, dass der Bleistift in ihrem Haar hätte stecken bleiben koennen (dann hätte sie als Schwarze gegolten) und von ihrer Erleichterung als er herausfiel (was sie zu einer „Farbigen“ machte). Der farbigen Bevölkerung war es im Gegensatz zur schwarzen Bevölkerung gestattet, einem Beruf nachzugehen und Geld zu verdienen, wenn auch vergleichsweise wenig.

Susan erzählt, dass sie ihr Leben lang in einer Fabrik gearbeitet habe und auch heute könne sie nur schwer ruhig sitzen. In ihrem Miniwohnzimmer gibt es einen Schrank, ein kleines Sofa und 2 Sessel, die uns als „beste Plätze“ angeboten werden. Generell ist der Lebensstandard in Bonte- Heuwel deutlich besser als beispielsweise im benachbarten Joe Slowo, einem ehemals schwarzen Township. Wellblech- oder Pappbehausungen fehlen hier gänzlich. Allerdings ist die Kriminalitätsrate deutlich höher. Wie Mark (selbst zu Apartheidszeiten ein „Farbiger“) uns erklärt, machten das Recht auf Arbeit und das damit verbundene bescheidene Einkommen die farbigen Townships früher zu besseren Drogenabsatzmärkten. Susan lobt zwar die Verbesserungen, die es im „neuen“ Südafrika gibt (bessere Straßen, Strom- und Wasserversorgung, Nahverkehr, usw.), aber die Polizei unternehme zu wenig gegen die Drogengangs. Abends traue sie sich wegen der häufigen Schießereien nicht mehr auf die Strasse.

Sie verspricht, ihr Foto (siehe oben), das wir ihr schicken werden, aufzuhängen und dankt Gott und Nelson Mandela für unseren Besuch. Wir verabschieden uns von Susan und bewundern ihre Liebenswürdigkeit und Weltanschauung, eine Mischung aus positivem Denken und Fatalismus, die man so häufig in Afrika antrifft.

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