Omo Valley

Äthiopien ist nie kolonialisiert worden (die Italiener waren zwar hier, aber erst zu Mussolinis Zeiten) und das Omo Valley ist wahrscheinlich eines der letzten Gebiete Afrikas, auf das die westliche Welt Einfluss genommen hat. South Omo entpricht wohl noch am ehesten dem Afrika, wie es vor ein paar Jahrzehnten ausgesehen haben muss. Bis heute ist es das Land von Viehnomaden. Insgesamt gibt es gut zwei Dutzend unterschiedliche Stämme, deren Sprache und Lebensweise teilweise sehr unterschiedlich ist.

Unsere einwöchige Rundtour durch das Omo Valley führt uns auf die Wochenmärkte von Key Afer und Dimeka zu denen die Hamer und Bena aus teilweise 15 bis 20 Kilometer entfernten Dörfern pilgern. Hier werden  Hühner, Ziegen, Kühe (Wohlstand definiert sich immer noch ueber die Anzahl von Vieh) oder Milch und Honig verkauft. Die Plastiktüte hat es selbst im 21.Jahrhundert noch nicht hierhin geschafft und der Kleidungsstil unterscheidet sich nicht von dem der vorangegangenen Generationen. Der modische Trend liegt bei Umhängen aus Ziegenfell und einer Haarkur aus Tonerde. Silberne Halsringe geben Auskunft ueber den Familienstand und die gute alte Kalebasse fungiert als Kopfbedeckung und Sonnenschutz. Ein paar Kilometer weiter im Mago Nationalpark bzw. am Omo Fluss leben die Mursi und die Dasanech. Das Markenzeichen der verheirateten Mursifrauen sind bis zu 15 cm große Lippenteller, während die Dasanech sich vor allem mit bunten Perlen und alten Kronkorken schmücken.

Fuer uns ist der Besuch des Omo Valley ein Erlebnis mit sehr gemischten Eindrücken. Einerseits ist es faszinierend zu sehen, wie die Menschen das Leben hier unter harschesten Bedingungen meistern und mit welchem Stolz die Traditionen der Großeltern gelebt oder fürs Foto posiert wird. Andererseits bringt die neue Strasse ins Omo Valley (im Mago Nationalpark hat man Öl entdeckt) neben vielen Lebenserleichterungen auch merkwürdige Begleiterscheinungen mit sich. So finden hier viele Quacksalber und Missionare ihr neues Betätigungsfeld und der Tourismus nimmt bisweilen auch skurrile Zuege an. Mancher Tourist benimmt sich beim Anblick einer Mursi gerade so, als wäre er im Zoo. Das Omo Valley verändert sich und deswegen sind wir froh, es jetzt besucht zu haben.

[nggallery id=26]

6 thoughts on Omo Valley

  1. Hallo Ihr beiden,

    die Geschichten Eurer letzten Stationen sind wieder mal phänomenal und die neusten Bilder echt skuril.

    Wieviele silberne Halsringe tragt Ihr nun nach dieser Station? Und muss Lena jetzt auch einen Lippenteller tragen oder begnügt sie sich mit alten Kronkorken…?

    Apropos Reisestation. Eure Reise neigt sich ja quasi dem Ende entgegen und Ihr habt das Schwarzafrika fast hinter Euch gelassen. Ich kann mir vorstellen, dass Ihr traurig darüber seid, aber tröstet Euch, denn wir freuen uns schon auf Euch zurück in Köln und sind sehr gespannt auf die ausführlichen Erlebnisberichte, bspw. vom fauchenden Gecko (nach wie vor meine Lieblingsgeschichte!).

    So, seht zu, dass Ihr den letzten Abschnitt auch noch sicher hinter Euch bringt.
    Viele Grüße und achtet gut auf umherfahrende Militär-LKW ;-)

    Auf ganz bald.
    Steffen

    • Der Landy schippert grad ueber den Lake Nasser wir hoffen, dass es dort keine Militaerboote gibt und Dein Chilipulver es trocken bis Assuan schafft :-)!

  2. Liebe Lena, lieber Tobi,
    ich bin so froh, dass Lena der Versuchung widerstehen konnte und jetzt weder Lippenteller (ich will mir gar nicht vorstellen, wie man das Teil in den Mund bekommt) noch Halsringe trägt. Gegen den ein oder anderen Kopfschmuck wäre vielleicht nichts einzuwenden – besonders den mit den Kronkorken finde ich ganz nett!
    Liebe Grüße und weiterhin eine spannende Zeit
    Anita

    PS. Ich habe mir Eure wunderschönen Fotos mit meinen Kindern angesehen – Kommentar: In den Zoo wollen wir auch!

    • Hallo ihr Fuenf, der Versuchung zu wiederstehen hat mich Foch ein wenig Ueberwindung gekostet, die Kronkorken fand ich auch sehr spannend, schlussendlich habe ich mich fuer einen Halsring entschieden ;-)!

  3. „Waren das die Männer, von denen wir das Haus weggenommen haben?“ fragt Anna gerade, und reflektiert damit genau das, was ich denke: das ein oder andere Bild sieht austral. Aboriginal-Bildern recht ähnlich, verblüffend v.a. die Eidechse mit Punkten auf dem Lippenteller! Genau wie hier! (und den Kindern habe ich erklärt, die weißen Menschen hätten den dunklen hier das Land weggenommen, aber das übersetzt sie eben in „Haus“).
    Ich wüsste gerne eine Menge mehr über die Völker (Stämme?), die ihr da besucht habt – gibt es darüber Literatur? Was bedeuten die Hüte – Stammeszugehörigkeit, Rang o.ä. – oder dienen sie außer dem Sonnenschutz nur noch der Zierde? Und die Lippenteller, stören die nicht beim Essen und Sprechen? Werden sie immer getragen, auch nachts? Hattet Ihr einen Dolmetscher und mit den Menschen sprechen können? Reicht eine Woche überhaupt? Die Bilder sind absolut umwerfend. Gibt es denn dort keinerlei Packtiere? Gibt es Zebras? Ich weiß, die gelten als unzähmbar, aber ich war eben auch noch nicht dort … ;)

    • Literatur: es gibt ein Buch von Hans Silvester: Peoples of the Omo Valley (haben wir aber nicht gelesen), ansonsten googeln!
      Huete: werden nur von den Benafrauen getragen und dienen als Zierde, Sonnenschutz und auf dem Markt als Massbecher.
      Lippenteller: werden von den Mursifrauen inzwischen seltener getragen als frueher. Zum Essen werden sie herausgenommen. Traditionell galt wohl (ganz platt gesagt): je groesser der Teller, desto wertvoller die Frau.
      Dolmetscher: nein. Aber wir hatten einen Guide – voellig ueberfluessig, da die Strassen inzwischen echt gut sind und der auch nur Amharisch (Nationalsprache in Aethiopien) und keine omotische Sprache konnte. Nachdem er die ersten Ladies auf dem Markt ziemlich von oben herab angemacht hat (in Aethiopien zeigt man seine „Kultiviertheit“ gerne), haben wir ihn aufs Auto aufpassen lassen (wir haben’s nett verpackt!). Kommunikation mit Haenden und Fuessen… geht einigermassen!
      Reicht eine Woche?: Noe!
      Packtiere: nein! Zebras eh nicht, aber das Komische ist, dass wir in Aethiopien mindestens 3 Millionen Esel gesehen haben, aber nicht einen davon im Omo Valley… es geht alles noch per Hand!

      Gruesse an Anna und die bepunktete Eidechse :-) !